Schuld und Sühne
Hier ein Fallbeispiel einer Klientin mit der Frage:
Warum ist es mir ein Bedürfnis, manche Männer zu retten, obwohl ich genau weiß, dass sie keine potentiellen Partner für mich sind?
Ein Zitat, das sie motiviert hat ein Seminar zu machen.
„Mache niemanden zu deiner Priorität, der dich nur als Option sieht!“
Ihre Sichtweise und Schilderung
Genau das wars – ich machte immer wieder Männer zum wichtigsten Teil in meinem Leben, obwohl mir bewusst war, dass ich nur eine von vielen Möglichkeiten in deren Leben war.
Und es kam dann natürlich noch dicker – von wegen groß und schwarzhaarig und braune Augen und retten wollen – weil diese Serie begann nicht erst nach meiner letzten Scheidung
Warum war es mir ein Bedürfnis, einem Mann, von dem ich zum damaligen Zeitpunkt ahnte, dass er mich nie geliebt hatte – von dem wußte, der immer nur „die Mama“ in mir gesehen hat – wo ich Beweise hatte, dass er mich schon seit Monaten mit einer anderen „betrügt“ –warum war es mir ein Bedürfnis, ihm für das kommende Jahr noch den gewohnten Lebensunterhalt zu sichern bevor ich hinter ihm meine Haustür verschloss?
Warum war es mir ein Jahr später ein Bedürfnis, einem anderen Mann – auch finanziell – unter die Arme zu greifen – der das aber wenigstens nicht zugelassen hat – und letztendlich lieber auf Distanz gegangen war?
Warum war es mir vorige Woche ein Bedürfnis, einem fast wildfremden Mann etwas Geld zu leihen, obwohl mir bewusst war, dass ich das nie wieder sehen werde – und auch wissend, dass von seiner Seite her keinerlei auch nur irgendwie geartete Verbundenheit zu mir da war?
In allen Fällen machte ich einen anderen Menschen zur Priorität in meinem Leben, wissend, dass ich nur eine von vielen möglichen Optionen war, wo sie sich das holen können, was sie wirklich brauchen.
Und gestern früh war ein Gefühl präsent – die Erinnerung an eine Körpertherapie von vor 2 Jahren – wo plötzlich der Gedanke da war – „ich bin ja gar nicht schuld“ – begleitet mit Erstickungsanfällen und Panikattacken.
Damals wurde mir bewusst, dass ich mich fast 40 jahre lang „schuldig“ gefühlt hatte am Tod meines Bruders – also des jüngeren der beiden – wo von der Logik her keine Schuld bestehen konnte, weil ich in der Badewanne saß als er einen tödlichen Verkehrsunfall hatte – 30 km von mir entfernt.
Aber ich fühlte mich schuldig – und ich möchte es eigentlich gar nicht so genau wissen, warum – weil es fiel mir damals auch ein, dass ich den Film „The Kid“ mit Bruce Willis einfach faszinierend fand und finde – und die Thematik könnte durchaus auch in ähnlicher Form an meinem Zustand beteiligt gewesen sein.
Wie auch immer – ich hatte mich dem Thema gestellt – damals – dass ich nicht schuld sein kann – und hatte eigentlich gedacht, dass es dadurch auch wirklich gelöst ist – scheint nicht wirklich der Fall gewesen zu sein.
Ich habe in zahlreichen Aufstellungen erlebt – auch an dem Sonntag vor Wochen – dass die/der Repräsentant.in einer/s Verstorbenen sagte „Wenn du dir jetzt auch noch dein Leben zerstörst war alles umsonst“ – aber ich hatte es nicht auf mich bezogen – mir war nicht bewusst, dass ich durch meine Schuldgefühle – und die freiwillige Sühne dafür, mich immer wieder in Situationen manövrierte, wo ich einen Mann retten wollte/konnte – der es mir dann aber nicht dankte – im Gegenteil, mich dann in meinem (finanziellen) Chaos allein ließ.
Ich wollte meinen Bruder zurück – und (jetzt rückblickend betrachtet) – absolut jeder Mann in meinem Leben, wo ich mich selbst in etwas rein manövrierte, wo es mir danach schlechter ging als vorher – war – eh klar – groß – dunkelhaarig – braune Augen – absolut jeder – und jeder von denen hat mich letztendlich auch verlassen.
War eine heftige Nacht nach meiner Aufstellung – war ein tränenreicher Tag – aber letztendlich habe ich mich dann bewusst von diesem Muster verabschiedet.
Der aktuelle junge Mann in meinem Leben hatte noch geringe Schulden bei einer Freundin – und ich habe als Akt des Abschiedes diese Schulden auch noch beglichen – als bewusste Zeremonie, mich von meinem Muster verabschieden zu dürfen.
Ich habe die letzten Schulden bezahlt, die mich bisher an einem glücklichen und zufriedenen Leben hinderten – ich habe das Band durchtrennt, welches mich an diesen speziellen Typ Mann gebunden hatte – unbewusst – bisher nicht erkennbar – und ich bin endlich wirklich frei für mein Leben – und endlich auch für eine neue Liebe, die das zu schätzen weiß, was ich geben kann und will.
Ich kann meinen Bruder durch nichts zurück bekommen – ich kann keinen Mann, der ihm ähnlich ist – „kaufen“ – um ihn wieder aufleben zu lassen – das Thema „Bruder“ ist verarbeitet – ich bin weder schuld an seinem Tod, noch brauche ich dafür sühnen, indem ich mich immer wieder selbst zerstöre.
Sie schrieb an ihren toten Bruder:
Lieber Michi,
schau bitte freundlich auf mich, wenn ich ab jetzt MEIN Leben lebe und meinen Weg gehe. Es hat unheimlich weh getan, als du mich so früh und so plötzlich verlassen hast. Ich danke dir dafür, dass du diesen Part übernommen hast, damit ich bleiben kann.
Und wenn ich ab jetzt mein Leben glücklich und in liebevoller Partnerschaft lebe, dann tu ich das auch dir zur Ehre und zum Andenken.