News August

 

 

 

Das Dilemma in der Paarbeziehung

 

Wer sucht sie nicht: eine glückliche, erfüllende Liebesbeziehung, die Verschmelzung mit einem anderen Menschen. Dafür sorgt schon unser grundlegendes körperliches Bedürfnis nach menschlicher Berührung, nach Kontakt mit anderen, nach sexueller Intimität. Doch darüber hinaus führen uns noch andere, ganz unterschiedliche persönliche und soziale Bedürfnisse in die Paarbeziehung, die immer noch als die verbindlichste und stabilste Beziehungsform, die Erfüllung unserer Bedürfnisse und Wünsche, verspricht.

Der Wunsch vielleicht mit einem Partner den Alltag zu teilen. Oder der Wunsch nach emotionaler Unterstützung.

Jemand mit dem wir unsere Interessen, Ideen, einen geistigen Hintergrund teilen können oder unseren spirituellen Weg. Auch das Gefühl zusammen zugehören, oder für jemanden wirklich wertvoll und etwas ganz besonderes zu sein, sind sicherlich Motivation eine Beziehung einzugehen.

 

Die Beziehungsfalle: das Versprechen der Verschmelzung

 

Diese Bedürfnisse, die wir aus unserer Kindheit in unser Erwachsensein mitgenommen haben, werden dann auch schnell zur Falle in der Paarbeziehung. Die anfängliche Verliebtheitsphase vermittelt uns die Illusion der Verschmelzung und die Erwartung, dass genau dieser Mensch endlich all unsere bisher unerfüllten Wünsche und Bedürfnisse erfüllt. Das ist vor allem der Wunsch nicht mehr allein zu sein, geliebt zu werden, besonders wertvoll für einen Menschen zu sein oder sogar der wichtigste Mensch für jemanden zu werden.

Alles was der Verschmelzung dient wird gesucht: gemeinsame Freunde, gemeinsamer Urlaub und Freizeit, gemeinsamer geistiger Hintergrund und Spiritualität, gemeinsames Bankkonto, Haus, Kinder etc. Die Beziehungspartner verschmelzen oftmals so sehr miteinander, dass sich einer ganz für den anderen aufgibt oder verliert, für die gemeinsame Identität wird die eigene aufgegeben.

 

Die Sehnsucht nach Verschmelzung

 

Hierbei ist wichtig anzuerkennen, das in uns allen latent die Sehnsucht nach Verschmelzung innewohnt und dass die Suche nach ihr unseren frühkindlichen Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Unterstützt wird dieser Wunsch nach Verschmelzung durch die frühkindliche Angst allein zu sein, bzw. allein gelassen zu werden. Der Schmerz des allein gelassen seins drängt uns immer wieder dazu, auf die Suche nach Verschmelzung mit einem Partner zu gehen. Je unbewusster diese frühkindlichen Bedürfnisse sind um so enger und unbewusster die Verschmelzung.

Der Zaun der Sicherheit und Beständigkeit

 

Um die Verschmelzung sicherzustellen, bauen wir um die Liebesbeziehung einen Zaun der Abgrenzung nach außen und den anderen Menschen. Dadurch isolieren wir uns in der Paarbeziehung noch mehr und verstärken die Abhängigkeit untereinander. Unterstützt wird dieser Verschmelzung - Abhängigkeitsprozess noch durch unsere Ausrichtung im Leben Beständigkeit zu suchen. Obwohl das Leben ein einziger Veränderungs- und Wandlungsprozess ist, wehren wir uns vehement dagegen den Wandel anzuerkennen.

Unser Blick ist auf die Beständigkeit gerichtet, die uns Sicherheit geben soll. Auch hierin können wir wieder das frühkindliche Bedürfnis erkennen, dass die Beständigkeit der emotionalen Bindung benötigt, um wachsen und gedeihen zu können. Ohne die beständige Zuwendung der Erwachsenen ist das Kleinkind nicht lebensfähig und verwahrlost. So können wir auch in unserem Streben die Paarbeziehung sicher und beständig zu halten, unser frühkindliches Bedürfnis erkennen.

 

 

Die Kindheitstrance in der Paarbeziehung

 

In jeder verbindlicheren Paarbeziehung wird die Kindheitstrance reaktiviert, die uns mit frühkindlichen Verschmelzungserwartungen und der Angst allein zu sein in Kontakt bringt.

Daran ist nichts schlimmes - im Gegenteil. Bietet doch so die verbindliche Paarbeziehung einen Raum und Rahmen für den notwendigen Prozess des Reifens und Erwachsenwerdens. Zum Erwachsensein gehört Verantwortung: Verantwortung den eigenen Gefühlen, Wünschen und Verstrickungen aus der Kindheit gegenüber. Je nachdem wie wir uns entscheiden kann die Paarbeziehung zur Hölle werden, wenn die Beziehungspartner es nicht schaffen, die Projektionen auf den Partner zurückzunehmen und die Beziehung im Machtkampf gegenseitiger Bedürfnisbefriedigungen bzw. deren Verweigerung erstickt.

Sie kann ein Himmel sein, wenn die Beziehungspartner die Verantwortung für ihr Glück zu sich nehmen, die Projektionen und Erwartungen zurücknehmen und dahin führen, wo sie hingehören: in die Kindheit. Dann ist Beziehung ein lebendiger, heilsamer und transformativer Prozess, in dem beide wachsen und reifen zu mehr Freiheit, Liebe und Glück.

 

Die Welt ist nicht so, wie sie ist. Die Welt ist so, wie du sie dir vorstellst.

 

Dieser Prozess, der für jedem Menschen offen steht, egal ob Single oder in Paarbeziehung, beginnt mit der Erkenntnis, dass die Welt wie wir sie sehen und damit natürlich auch die Menschen und erst recht unsere Beziehungspartner nicht per se die sind, für die wir sie halten. Unsere Wahrnehmungen und Sichtweisen sind bestimmt durch unsere meist frühkindlichen emotionalen Muster und Überzeugungen, die wir uns gebildet haben. Das können wir ganz leicht dadurch überprüfen, dass z.B. unsere Freunde unsere Beziehungs- oder Liebespartner ganz anders sehen und wahrnehmen wie wir selbst. Folglich muss es etwas mit uns und unserer Sichtweise zu tun haben.

Durch die Erfahrungen in meinen eigenen persönlichen Prozessen mit diesen Themen und der therapeutischen Begleitung vieler Menschen in ihren Beziehungskrisen, konnte ich sehen, wie unsere ganze Sicht der Welt, unserer Mitmenschen und Beziehungspartner und letztendlich natürlich auch unser Selbstbild von einigen wenigen ganz zentralen Glaubenssätzen oder Überzeugungen geprägt ist.

 

Überzeugungen schaffen Erfahrungen

 

Diese tiefsten Überzeugungen sind Schlussfolgerungen oder besser rationale Erklärungsversuche, die wir einmal als Baby oder Kleinkind gezogen haben und die nun unsere ganze Persönlichkeit, unsere Gedanken, Gefühle, Fantasien, Handlungen und damit natürlich auch unsere (Liebes- und Paar-) Beziehungen prägen und gestalten.

 

Der Ursprung unserer leidschaffenden Überzeugungen

 

Wenn wir uns in unseren Beziehungen unglücklich, abhängig und als Opfer fühlen, wenn wir im Beruf trotz aller Anstrengungen nicht weiter kommen oder es langweilig wird, wenn wir uns abgeschnitten und getrennt fühlen von uns selbst und unseren Liebsten, dann liegt es an unseren Überzeugungen und nicht an den Menschen, Dingen oder dem lieben Gott oder wer sonst noch dafür verantwortlich gemacht wird.

In meinen eigenen Prozessen und der Arbeit mit Menschen, die ich zurückgeführt habe in ihrem Leben, hat sich der Ursprung der leidschaffenden Überzeugungen immer in kindlichen oder frühkindlichen Erfahrungen der Trennung gezeigt, die vom Kleinkind als schmerzhaft und traumatisch erlebt werden. Theoretisches Erklärungsmodell bietet uns hierfür die psychoanalytische Entwicklungspsychologie, die das uns entscheidend prägende Trauma in der Trennung des Kleinkindes von der Mutter sieht und spätere Probleme oder Krisen darauf zurück führt.

 

Der Ursprung unseres Schmerzes ist Trennung

 

Unsere Erfahrung hiermit ist, dass jeder Mensch nur ein paar wenige ganz zentrale Überzeugungen hat, um die sich weitere nicht ganz so schwer wiegende Glaubenssätze ränken, bzw. diese unterstützen. Die wenigen entscheidenden Glaubenssätze, haben jedoch ihren Ursprung in frühkindlichen Trennungssituationen. Dort liegt der Ursprung unseres Schmerzes, den wir zeitlebens in verschiedenen Kontexten wiederholen, bevorzugt im Kontext verbindlicher Beziehungen.

Der Ursprung unseres Schmerzes ist immer Trennung. Leidenschaffende Glaubenssysteme und Überzeugungen haben wir uns geschaffen im Kontext traumatischer Erfahrungen der Trennung innerhalb unserer Entwicklungsstufen und der damit verbundenen schmerzhaften Gefühle: Die Trennung des Babys aus dem Paradies des Mutterleibes bei der Geburt, die Trennung des Kleinkindes von der Mutter im Alter von 6 bis 15 Monaten, wenn es erkennt: „Ich bin nicht du – und du bist jemand ganz anderes als ich“. Die Trennung in der ödipalen Phase, wenn die Liebe zum gegengeschlechtlichen Elternteil unbeantwortet bleibt oder missbraucht wird und gleichzeitig die Konkurrenz zum gleichgeschlechtlichen Elternteil erlebt wird, die Geburt eines Geschwisters und die damit verbundene Konkurrenz. Fehlende emotionale Bindung in der Familie, sowie ein Klima der Ablehnung, Angst und Bedrohung und Trennung, die wir als schmerzhaft erlebt haben und in denen wir uns ohnmächtig gefühlt haben, sind der Kontext für Glaubenssysteme und Überzeugungen.

 

Beispiele:

Überzeugungen vermitteln den Eindruck der Kontrolle

 

Überzeugungen sind somit rationale Erklärungen, mit deren Hilfe das Kind versucht seine schmerzhaften Gefühle und die damit verbundene Ohnmacht zu kontrollieren und damit das Erleben und die Gefühle handhabbar zu machen. Das verwirrte oder verletzte Kind beschließt insgeheim: das will ich nicht noch einmal erleben. Und es baut Schutzmechanismen in Form von Überzeugungen auf. Sie sollen das gute Weiterleben oder sogar das Überleben des Kindes retten.

 

Der Verlust der Rückbindung an sich selbst – der Essenz

 

Je mehr das Kind oder auch der Heranwachsende jedoch diesen Schutz durch Überzeugungen aufbaut, um so mehr verliert es den Kontakt zu seinen Gefühlen, seiner Intuition und seiner Natürlichkeit. Es verirrt sich und verliert den Halt in sich selbst. Das veranlasst ihn oder sie wiederum um so mehr nach Überzeugungen, Meinungen und Urteilen über sich selbst und das Leben zu greifen, um darin den nötigen Halt und Sinn zurück zu gewinnen. Diese werden ihm/ihr reichhaltig von der Außenwelt angeboten. Jedoch entstehen dabei auf die Dauer Gefühle von Entfremdung, Sinnlosigkeit, Enge, Langeweile und Freudlosigkeit. Sie sind die Begleiterscheinung dieser Glaubenssysteme.

 

Denken ist der Widerstand gegen das Fühlen

 

Alle Probleme und Krisen, die im späteren Leben auftauchen, wie Selbstablehnung, Trennungen oder Abhängigkeiten in unseren Beziehungen, Erfolglosigkeit und Unzufriedenheit im Beruf haben hier ihren Ursprung: im Schock oder Schmerz der Trennung des Kleinkindes und dessen Versuch der Bewältigung durch Abwehr. Abgewehrt wird der Schmerz durch den Versuch einer Erklärung. An dieser Stelle kreieren wir uns unsere Überzeugungen und Vorstellungen. Sie sind also der Versuch die schockartige Erfahrung der Trennung zu bewältigen und damit fertig zu werden. Überzeugungen sind somit immer rationale Erklärungsversuche des Verstandes, die ein schmerzhaftes Gefühl abwehren.

Hier wird verständlich, weshalb wir Menschen die Grundüberzeugung teilen, dass wir von den anderen getrennte Wesen sind. Die Grundüberzeugung und das Grundlebensgefühl der Menschen ist das der Trennung. Überzeugungen sind dazu da, Schmerz zu vermeiden und uns eine sinnvolle Antwort / Erklärung auf die Erfahrung der Trennung zu geben. Je nachdem, wie schwer das Trauma der Geburt für das Kind ist und wie viel Nähe und emotionale Bindung das Kind in seinen Entwicklungsphasen erhält, werden die rationalen Überzeugungen ausfallen.

Beispiel: „Ich bin nicht gut genug.“; „Ich bin es nicht wert geliebt zu werden.“; „Ich bin unfähig.“; „Mit mir stimmt etwas nicht.“; „Das Leben ist ein Kampf.“; „Immer bin ich allein.“

Dadurch dass die Überzeugungen unseren Schmerz erklären, geben sie uns eine vermeintliche Sicherheit. Die Sicherheit unser Leben und unsere Beziehungen zu bewältigen. Sie sollen helfen, uns vor weiterem Trennungsschmerz und der Erfahrung der Ohnmacht und Abhängigkeit zu schützen.

 

Die Lösung ist das Problem

 

Dabei erleben wir, dass unsere alten Überzeugungen als Lösungsstrategien ihr Ziel verfehlen, da sie die alten Probleme reproduzieren und verstärken. Denn auf einer unbewussten Ebene wollen die Menschen sich selbst immer wieder von der Richtigkeit ihres Glaubens überzeugen und wiederholen damit immer wieder ihre leidvollen Kreationen (selbsterfüllende Prophezeiungen). Oder aber sie kompensieren sie, d.h. sie versuchen sich selbst und der Welt zu beweisen, dass sie nicht wahr sind und tun das Gegenteil, was aber zum selben Problem führt.

Die Sehnsucht nach Verschmelzung, die aber weiter in uns existiert, transportieren wir mit in unsere erwachsenen Beziehungen und damit die Erwartung, dass unsere Beziehungspartner die frühkindlichen Bedürfnisse nach Nähe und Verschmelzung erfüllen.

Unsere Beziehungen sind somit der Versuch, das frühkindliche Trauma der Trennung und deren vermeintliche Bewältigung durch Abwehr mit Hilfe unserer Überzeugungen zu heilen. Daher sind unsere Beziehungen erst einmal ein Schauplatz des Ringens zwischen Verschmelzung und Trennung, Nähe und Distanz, Bindung und Autonomiebedürftigkeit und Unabhängigkeit, Hingabe und Kontrolle.

 

Coaching, deine Beziehungen kreieren in Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit

 

Der erste Schritt der Befreiung liegt darin, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass unsere Überzeugungen nur Überzeugungen sind und nicht die Wahrheit und dass die Art und Weise, wie wir unsere Beziehungspartner wahrnehmen nur eine Sichtweise von verschieden anderen ist.

Der zweite Schritt liegt darin zu erkennen, dass wir selbst uns die Überzeugungen geschaffen haben, die unser leidvolles Erleben schaffen. Wenn wir selbst sie kreiert haben, können wir sie konsequenterweise auch wieder auflösen, wenn wir sie nicht mehr wollen.

Der nächste Schritt liegt darin zur Ursprungssituation der Trennung, des Alleinseins und des Schmerzes zurück zukehren und jegliche Abwehr aufzugeben. Das führt dazu, dass wir uns erlauben den Schmerz der Trennung, des Alleinseins zu fühlen und als zu uns und dem Leben gehörig anerkennen.

Darin liegt schon die Anerkennung und Würdigung der zum Leben gehörenden Veränderungen. Das ist ein heilsamer Schritt. Dazu gehört die Vergebung und Wertschätzung aller am Erleben der Trennung beteiligten, sprich Mutter, Vater, Geschwister, etc. und die damit abgetrennten Anteile wieder zu uns zurück zu führen.

Der nächste Schritt liegt in der Freude zu erfahren, dass wir weit mehr sind als wir jemals glaubten zu sein und unser gesamtes Potential zurückgewinnen zu können.

Der letzte Schritt ist grundlegend und begleitet alle anderen. Es ist der Schritt in die Freiheit unserer wahren Natur: frei von Vorstellungen, Konzepten und Überzeugungen, der grenzenlose Raum, der neue Wahlmöglichkeiten schafft – auch für unsere Beziehungen.

 

Eure Brigitte

 

News Juli

 

Liebe versus Erotik

 

Abenteuer und Sicherheit, Freiheit und Bindung, aufregenden Sex und Treue. Wir suchen, was eigentlich nicht zusammenpasst. Und ringen oft schwer, um dieses Dilemma zu lösen.

 

Am Anfang ist Eros

 

Zu Beginn einer Beziehung, im Hooneymoon sind Lust und Leidenschaft auf den Partner fast wie Magie. Beide suchen die Nähe des anderen und sind beseelt von dem Wunsch beim anderen zu sein. Eros, das Feuer der Leidenschaft brennt für den anderen, begehrt ihn und sucht ihn für sich zu gewinnen. Der Adrenalinspiegel erhöht sich enorm, beflügelt von der Aufregung und Neugierde auf das noch unbekannte Gegenüber. Wir wollen den anderen kennen lernen, ihn erforschen, erobern und uns selbst dabei erfahren im Spiel der verschiedenen Kräfte von Mann und Frau, im Spannungsfeld der Sexualität. Wenn wir uns verlieben produziert unser Körper einen hervorragenden Cocktail aus körpereigenen Hormonen, die als eine Art Aufputschmittel in uns Hochgefühle auslösen und Schmetterlinge im Bauch fliegen lassen. Durch sie wird unsere Aufmerksamkeit auf den Partner erhöht und unser sexuelles Verlangen gesteigert. Beim Sex wiederum bilden sich Hormone wie u.a. Oxytocin, das für Liebe und Bindung verantwortlich ist. Je stärker die Liebe und vertrauter die beiden werden und tiefe Bindung entsteht, umso mehr tritt Eros jedoch zurück.

 

Im Spannungsfeld männlicher und weiblicher Polarität

 

Eros ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Sexualität und lebt von der Fremdheit und von der Distanz. Ohne Distanz gibt es keine Anziehung. Das magnetische Feld der Anziehung entsteht durch die Verschiedenheit und Fremdheit der männlichen und weiblichen Polarität. Alle natürlichen Erscheinungen auf dieser Erde existieren im magnetischen Spannungsfeld zweier Pole. Der Nord und Südpol der Erde schaffen ein riesiges magnetisches Kraftfeld, der positive und negative Pol in der Steckdose ermöglichen den elektrischen Stromkreislauf. Auf dieselbe Weise besteht ein starkes sexuelles Magnetfeld zwischen dem maskulinen und femininen Pol - starke sexuelle Gefühle zwischen Mann und Frau. Mal steigt die Spannung, wenn die Geliebten eine Weile getrennt sind, dann wieder sinkt die Spannung im vertrauten Miteinander von Liebe und Intimität. In diesem Spiel von Nähe und Distanz bleibt die magnetische Spannung, die sexuelle Anziehung, erhalten. Kommt der maskuline Pol mit dem femininen eng zusammen oder verschmelzen sie gar miteinander, wird die magnetische Spannung neutralisiert. Diese physikalische Gesetzmäßigkeit finden wir ebenfalls in unseren Beziehungen vor. Je mehr die Fremdheit zugunsten der Vertrautheit weicht, die Distanz von Nähe und Gemeinsamkeit abgelöst wird, geht die sexuelle Anziehung zwischen Mann und Frau zurück und die Sexualität verabschiedet sich zunehmend aus der Partnerschaft, während die Liebe durchaus weiter wächst. Denn stabile Partnerschaften beruhen auf Nähe, Vertrautheit, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Gleichheit.

Die Liebe sucht das Gleiche, die Symbiose, die Intimität. Je mehr Gemeinsamkeit das Paar miteinander teilt, um so mehr fühlen sich beide vom anderen gesehen und bestätigt. In der gegenseitigen Liebe und Bestätigung durch den Partner fühlen sie sich erhaben und stark. Diese tollen Hochgefühle sollen andauern und nicht mehr aufhören. Das Paar entwickelt gemeinsame Rituale, Gewohnheiten, Verbindlichkeiten und Regeln, die helfen sollen, die Liebe verlässlich zu machen. Auf diese Weise beginnen beide, die Liebe abzusichern – und geben dafür einen Teil ihrer Freiheit auf. Sie freuen sich über Behaglichkeit und Verlässlichkeit. So könnte es immer weiter gehen, würde sich nicht schleichend und unbemerkt wie ein Virus, die eheliche Routine und Langeweile ausbreiten. Denn die beiden haben dabei übersehen, dass die Hochgefühle in der Verliebtheit ihrer Beziehung gerade mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden waren und die Schmetterlinge im Bauch durch das Risiko, sich auf den Unbekannten einzulassen, hervorgerufen wurden.

Diese Unsicherheit, das Unbekannte wird jedoch jetzt in der Beziehung verbannt, Spontaneität ist nicht mehr angesagt und Überraschungen werden zur Mangelware. In allen langandauernden Beziehungen macht sich diese Entwicklung bemerkbar, weil in ihnen Planung dem Unvorhersehbaren, die Gewohnheit dem Risiko vorgezogen wird. Wir neigen dazu, unsere Ängste, den anderen zu verlieren und wieder allein zu sein, mit Kontrollversuchen zu besänftigen und fühlen uns sicher, wenn der andere stets an unserer Seite und unserer Meinung ist. Wir gehen Kompromisse ein, passen uns an und suchen den gemeinsamen Nenner, der immer ein „kleinster Nenner“ ist. In dem Bemühen alles Befremdliche und Risikobehaftete aus der Beziehung zu verbannen, gehen Lust und Leidenschaft abhanden.

 

Im romantischen Liebeshafen festgefahren

 

Dies berichten viele moderne Paare, die über viele Jahre zusammenleben und miteinander sehr vertraut geworden sind. Es ist eines der bedeutendsten Themen in der Paartherapie, dass Paare im Laufe ihres Zusammenlebens immer weniger Sex haben obwohl sie sich lieben, der gemeinsame Alltag harmonisch bewältigt wird und sie gut miteinander kommunizieren. Viele Paare bleiben aus diesem Grund zusammen und verlassen nicht den sicheren Hafen, indem sie verankert sind. Die gewonnene Vertrautheit, die soziale und emotionale Sicherheit, die gemeinsamen Kinder, die aus ihrer Liebe hervorgegangen sind und die sie weiter zusammen begleiten wollen stehen als Motive im Vordergrund, wenn Paare zusammenbleiben, obwohl die lebendige Erotik und Sexualität schmerzlich vermisst wird.

 

Sexualität aber ist noch immer die Kraft, die uns als Liebespaare zusammenführt und auch zusammen hält.  Wir sind von Geburt an sexuelle Wesen und die Eigenschaft der Sexualität ist, dass sie nach außen drängt und sich mit einem anderen Menschen verbinden will. Findet sie in der Partnerschaft keinen adäquaten Ausdruck, sucht sie sich einen Weg außerhalb und geht fremd. Oder aber die beiden trocknen innerlich aus. Für viele scheint dies ein unlösbares Dilemma.

Wir alle haben ein Grundbedürfnis nach sozialer und emotionaler Sicherheit, nach Nähe und Geborgenheit, nach einem Zuhause. Deshalb gehen wir auch heute noch verbindliche Partnerschaften ein. Denn während früher die Ehe als eine Einrichtung zur sozialen und finanziellen Sicherheit vor allem für die Frauen galt, ist sie heute eine Herzensangelegenheit. Der Wunsch nach Intimität und Nähe, Vertrautheit und Miteinander führt uns heute in die verbindliche  Paarbeziehung, in der dann oftmals die beiden Beziehungspartner zu einer Symbiose verschmelzen. Wir wollen ihn von Grund auf kennen, alles mit dem anderen teilen. Nichts Trennendes soll zwischen uns stehen – auch keine Geheimnisse. Wir sorgen und kümmern uns um den anderen, denn wir fühlen uns für sein Glück verantwortlich. So gibt es gemeinsame Projekte wie Hausbau, Kinder, gemeinsamer Urlaub, gemeinsame Hobbys, gemeinsame Philosophie, Glauben etc.

Manchmal geht das so weit, dass sich eigene Wünsche und Träume, die den Partner dabei ausschließen, nicht einmal mehr eingestanden werden. So wird das symbiotische Band immer enger, bis einem der Beziehungspartner die Luft zum Atmen wegbleibtund die sexuelle Lust auf den andern immer mehr verkümmert. Die Partnerschaft, die immer deutlichere symbiotische Züge erhält, gerät damit erheblich in Schieflage, wenn nur gelebt wird, was der Nähe dient und alles Befremdliche ausgegrenzt wird. Denn so wie wir uns Liebe, Nähe und Intimität wünschen, haben wir auch ein nicht minder starkes Bedürfnis nach Abenteuer und fremden Reizen. Wir sind neugierig und gehen auch gern auf Entdeckungsreise. Wir benötigen auch die Distanz, die uns den anderen aus einer neuen Perspektive wieder neu sehen lässt. Unsere romantischen Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft, die medienwirksam verbreitet werden, verhindern, dass wir einen aufgeklärten und bewussten Umgang mit diesen Polen in Beziehung finden und damit auch zu glücklichen und erfüllten Beziehungen.

 

Geheimnis und Offenheit

 

Sexuelle Lust und Leidenschaft lebt von dem Unbekannten und Geheimnisvollen. Die Erotik liebt die Abwechslung und das Unberechenbare - Wiederholungen und Gewohnheiten bringen das Feuer zum Erlischen. Sie möchte unabhängig von Kontrolle und Sicherheit gelebt werden und lässt sich nicht einzwängen.

Natürlich braucht jeder ein gewisses Maß an Geborgenheit und Verlässlichkeit, denn sie gibt emotionale Sicherheit, die für unser Wohlbefinden wichtig ist. Gewinnt die Sicherheit und Stabilität in der Beziehung jedoch Vorrang ziehen sich Lust und Leidenschaft zurück. Das womit wir unsere Beziehungen fördern und stützen wollen: absolute Offenheit, Verständnis und Gleichheit fördert nicht unbedingt den leidenschaftlichen Sex.

Wenn also die beiden Beziehungspartner alles ganz offen miteinander bereden, sie sich ihre Geheimnisse erzählen, fördert das erst einmal das freundschaftliche, vertraute Band zwischen ihnen, nicht aber die Erotik. Gibt es beim anderen nichts Geheimnisvolles, Unberechenbares und Unbekanntes mehr, was entdeckt werden will, so langweilt sich Eros. Dann wird der Gegenüber zum „besten Freund“ statt zum leidenschaftlichen Liebhaber.

 

Gleichberechtigung versus Erotik

 

Dass sich heute die Sexualität für einige Paare alssehr schwierig erweist, hat letztlich auch mit Rollenkonfusion und Verunsicherungen in der Identität von Frau und Mann zu tun, für die der Feminismus und Emanzipationsbewegung verantwortlich sind. Denn ein großer Irrtum von vielen heute ist, dass sie die Errungenschaften des Feminismus eins zu eins auf die Sexualität übertragen.

Gleichheit, Demokratie, Konsensbildung, Toleranz sind erhabene Werte, auf die heute niemand mehr verzichten will. Werden sie jedoch wortwörtlich ins Schlafzimmer übertragen, hat das ziemlich langweiligen Sex zur Folge. Eros ist kein Demokrat und die sexuellen Rollen im Liebesspiel sind nicht gleichberechtigt! Wird der gesellschaftliche Egalitarismus buchstabengetreu auf die Liebesbeziehung von Mann und Frau übertragen wird diese ent-erotisiert und neutralisiert; aus dem Liebespaar werden „Brüderchen und Schwesterchen“, die sich lieb an den Händen halten oder zwei Konkurrenten, die miteinander diskutieren, wann, wo und in welcher Position der Sex stattfinden soll.

Erotik und Sexualität ja selbst die Liebe untersteht anderen Regeln als eine politisch korrekte feministische Gesinnung, die mit ihrem Gleichheitsanspruch jede Erotik, jedes lodernde Feuer zwischen Frau und Mann erlischt. Es steht außer Frage, dass der Feminismus folgenreiche Verbesserungen in allen Lebensbereichen für die Frauen erwirkt hat. Ohne die ökonomische Unabhängigkeit und gesellschaftliche Gleichstellung gäbe es auch keine emanzipierte sexuelle Freiheit für die Frauen. Diese historisch durchgreifenden Errungenschaften, die für uns heute so selbstverständlich sind, gilt es zu würdigen. Jedoch zeigen sich heute auch die sicherlich unbeabsichtigten negativen Folgen, die die Fokussierung der Gleichberechtigung auf das Frau-Mann-Verhältnis haben.

 

Feminine Männer und maskuline Frauen

 

Frauen wie Männer sind zunehmend verunsichert in ihrer eigenen Identität und ihrem Rollenverhalten. Der vehemente Kampf, der gegen weibliche Abhängigkeit und Opfertum geführt wurde, hat bei Frauen dazu geführt, dass sie den Kontakt zu ihren weiblichen Qualitäten der Hingabe und des sich-fallen Lassens verloren haben.

 

Die rigorose Ablehnung von männlicher Dominanz und Aggression haben den Mann kastriert und ihn seiner männlichen Kraft und Würde beraubt. Dies zeigt sich in Symptomen der Verweichlichung, wenn er die Herausforderungen in der Beziehung als lastenden Druck empfindet, Konflikten nicht standhält und aus dem Weg geht und mit seiner Beflissenheit, es der Frau immer Recht zu machen, den Zugang zum eigenen Willen und seiner phallischen Kraft verliert. Sein unterwürfiges Verhalten lässt fast ein Unterlegenheitsgefühl gegenüber der Frau vermuten und eine Angst, ihr nahe zu kommen. Das ist die Klage vieler Frauen, die sich in der alleinigen Bewältigung der alltäglichen Anforderungen überlastet fühlen und die Unterstützung eines Mannes an ihrer Seite vermissen. Immer wieder höre ich von Frauen: „Die Männer trauen sich doch gar nicht mehr uns anzusprechen. Sie stehen da, gucken und halten sich an ihrem Bierglas fest. Ich bin offen und versuche zu flirten, aber die Männer reagieren gar nicht oder sind verschreckt“. In der Angleichung der Geschlechter ist der Mann feminisiert worden und hat dabei seine ureigene maskuline Feuer-Energie zunehmend eingebüßt. Er ist zum „Nice guy“ geworden: ein sanftmütiger Mann, der darauf bedacht ist, es seiner Frau immer und überall recht zu machen: er überlässt der Frau die Entscheidungen, hängt sich an ihre Unternehmungen dran, hütet die Kinder, kauft ein und gießt die Blumen. Doch als Liebhaber scheitert er, denn ihm fehlt der Mut, eine Frau anzusprechen und zu begeistern, ihm fehlt die Kraft, sie zu überwältigen.

Das Maskuline hat sich in ihm hinter dem Femininen zurückgezogen und kommt nicht mehr zum Ausdruck. Die maskuline Energie will doch gerade Unbekanntes entdecken und erobern, liebt das Abenteuer und den Wettkampf, das Risiko und die Herausforderung. Das Maskuline liebt es, den weiblichen Pol zu begeistern, mitzureißen und zu erobern. Je mehr die Frau darauf eingeht, mitspielt, sich ihm hingibt, umso mehr wird das maskuline Feuer gestärkt. Die Frau wünscht sich zutiefst nichts anderes, weil das ihrer femininen Essenz entspricht. Sie möchte gesehen und in ihrem Wesen erkannt werden, möchte begeistert und erobert werden. Gerade weil sie heute durch die beruflichen Anforderungen sehr stark ihre maskuline Energie lebt, hat sie das Bedürfnis, sich in Liebe und Sexualität fallen lassen zu können. Sich in die Arme eines Mannes sinken lassen zu können, von ihm gehalten, den Rücken gestärkt zu bekommen, ist die tief verborgene Sehnsucht vieler Frauen, die in ihrem Alltag viel zu sehr ihren „Mann“ stehen müssen, als dass sie Frau sein können.

 

Die Lust am andern

 

Viele Frauen haben heute große Probleme sich ihrem Bedürfnis nach Hingabe einzugestehen, denn sie geraten in Verdacht, damit das Erbe der Frauenbewegung zu verraten. Doch sexuelle Liebe ist nicht immer politisch korrekt. Im Gegenteil: je kontrastreicher die Positionen der Sexualpartner sind, umso mehr Spannung entsteht.

Die Lust lebt von dem Spiel mit ungleichen Rollen und den entgegen gesetzten Qualitäten von Eroberung und Hingabe, Führung und Vertrauen. Die weibliche Lust sucht Hingabe in der Liebe. Sie will sich mitnehmen lassen von dem Einfallsreichtum des Mannes, will sich begeistern lassen von seiner phallischen Präsenz, von ihm erobert und genommen werden. Lässt der Mann sich von der Offenheit ihres femininen Herzens und ihrem Vertrauen in ihn berühren, kann die sexuelle Energie zwischen den beiden stark fließen.

Die Angst der Frau vor der phallischen Energie kann sich hier in Neugierde, Faszination und Wertschätzung verwandeln; die Angst des Mannes vom Weiblichen verschlungen zu werden, in pure Kraft, Stolz und Würde. Das sexuelle Liebesspiel ist wie ein Tanz, in dem das Maskuline führt und das Weibliche mitgeht. Das Maskuline und das Feminine sind dabei zwei gleichwertigeQualitäten, die sich gegenseitig bedingen und den gemeinsamen Tanz zur Ekstase vorantreiben.

Beide begegnen sich dabei auf Augenhöhe und sind innerlich frei, ihren Part für das Gelingen des gemeinsamen Tanzes beizutragen. Es gibt dabei kein besser oder schlechter, kein größer oder geringer. Der Machtkampf der Geschlechter hat hier ausgedient, denn beide haben verstanden, dass sie innerlich frei sind. Dies kann nur gelingen, wenn die Frau ihre weibliche Energie vollkommen bejaht und genießt; der Mann seine maskuline. Dafür ist eine Voraussetzung für die Frau, dass sie Hingabe nicht mit Unterwerfung verwechselt. Hingabe ist die weibliche Essenz in Freiheit, Unterwerfung die unterdrückte Form aus Angst.

Die Lust liebt durchaus gewisse Machtspiele, baut sich auf durch gebieterische Forderungen, verführerischer Dominanz und der Bereitschaft, sich auszuliefern. Wer das kategorisch ablehnt, verkennt den Charakter von Erotik und Lust und ist noch in der alten Opfer-Täter-Geschichte verhaftet. Dahinter verbirgt sich oftmals die Angst der Frau, im sensiblen Bereich von Liebe und Sexualität (wieder einmal) verletzt zu werden. Vor allem aber ist sie gefangen in dem alten Opfergefühl, das es ihr nicht erlaubt, sich hinzugeben und ganz zu schenken.

Der Mann hält sein kostbarstes Gut, das er zu geben hat, seine männliche Kraft und Dominanz ebenfalls zurück. Beide verweigern sich damit, sich in ihrer ursprünglichen Energie dem andern zu schenken, und vermeiden so ihr Liebesglück.

Der Lebensfluss, der aus dem Tanz der Polaritäten entsteht, versiegt: die Männer leiden unter Erektionsstörungen, die Frauen unter Orgasmusproblemen.  Da die sexuellen Störungen die Liebe und den Sex erheblich belasten und einschränken, ziehen sich beide immer mehr ganz aus der Sexualität zurück. Sie wollen sich nicht permanent der Frustration und Scham, die damit verbunden ist, aussetzen und verzichten dann lieber ganz darauf. Der Gleichheitswahn der Emanzipation hat die Lust besiegt.

Wollen Frauen und Männer heute wieder mehr Liebe und Erotik in ihrem Leben erfahren, müssen sie Liebe und Sexualität von der Idee des Unisex befreien, indem sie ihre eigene maskuline und feminine Energie wieder für sich entdecken. Die Freude am eigenen Frausein bzw. Mannsein kreiert eine Ausstrahlung, von der sich der andere angezogen fühlt.

 

Alles liebe eure Brigitte

News Juni

Abgrenzung

 

In der Beratung von Menschen begegne ich immer wieder dem Thema Abgrenzung. Viele habendamit ein Problem, sich nicht abgrenzen zu können. Sie wollen allen Erwartungen andererMenschen genügen und können kein klares nein aussprechen, weil sie befürchten Ablehnung zu erfahren. Andere wiederum haben die Fähigkeit verloren, ihre innere Grenze wahrzunehmen und nehmen sofort wahr, was andere fühlen und was sie brauchen, damit es ihnen gut geht. Damit vermischen sich ihre eigenen Gefühle mit den der Anderen und damit sind sie denen ausgesetzt, ihre Stimmung bestimmt damit ihre Umgebung. Die Grenze ist auch Schutz vor fremden Einflüssen, doch wer sie nicht hat, ist einfach schutzlos ausgeliefert. Da entsteht Verwirrung, weil man nicht mehr unterscheiden kann zwischen eigenem und fremden. Die betroffenen leiden sehr darunter und oftmals können sie sich nur mehr flüchten in eine Krankheit, damit sie sich den Raum nehmen können den sie so dringend brauchen. Viele leiden an permanenter Überforderung, diese Menschen haben ihre Grenze nicht beachtet und dann bleibt nur nur die äussere Grenze, nämlich eine Krankheit zu entwickeln, damit sie sich zurückziehen können.

Sinnhaftigkeit der Grenze

Grenzen verhindern Streit, das ist ein altes Menschheitsthema, es ist im Zusammenleben enorm wichtig die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz herzustellen. In Familien ist das nicht anders als in anderen Gemeinschaften, in denen die Menschen zu eng aufeinander sitzen. Die Konsequenz, ob im privaten oder beruflichen Umfeld: Sie kontrollieren sich gegenseitig undbeschneiden einander in ihren Entfaltungsmöglichkeiten. Daher braucht es immer eine klare Grenzziehung. Die Aufgabenbereiche sollten klar voneinander getrennt sein, damit jeder seine Fähigkeiten entwickeln kann, zugleich braucht es aber auch ein gutes Miteinander, etwa durch Absprachen was Termine betrifft um ein positives Ergebnis zu erzielen. Eine ausgewogene Balance von Nähe und Distanz im Miteinander geht bis in ganz praktische räumliche Fragen, es braucht Rückzugsmöglichkeit in den eigenen vier Wänden, denn nur wenn man sich zurückziehen kann, kommt man auch gerne wieder zusammen. Es braucht also immer beides: Nähe und Distanz, sich reiben und sich zurückziehen, Verbindlichkeit und Freiraum, Einsamkeit und Gemeinschaft.

Grenze in der Partnerschaft

In der Erfahrung und in den Gesprächen mit Menschen, hört man manchmal: Wir verstehen und doch so gut, doch wenn man immer zusammen ist, dann gibt es Probleme.Warum ist das so? Ganz einfach weil jeder Mensch seinen eigenen Raum braucht, indem er ganz er selbst sein kann, bekommt er den nicht, entsteht Aggression und Wut, das ist immer ein Zeichen dafür, das man mehr Distanz braucht. In vielen Beziehungen und Ehen spielt dieses zuviel an Nähe eine grosse Rolle, man hat sich da einen gemeinsamen Seelenraum geschaffen, wo der eine vom anderen etwas erwartet zu bekommen, das scheint am Anfang unter Liebe verstanden zu werden, doch es kann zu Streitigkeiten und Kampf führen, wenn der Andere seine Bedürfnisse nicht befriedigt, weil er vielleicht selbst gerade ein Problem hat und Rückzug braucht. Solche Partnerschaften finden nie zu ihrem eigenen Selbst und die Konsequenz, irgendwann leidet die Sexualität, sie können sie nicht mehr geniessen, sie entwickeln psychosomatische Symptome und streiten ständig miteinander.Eine glückliche Ehe gelingt nur, wenn sie ein ausgewogenes Verhältnis im Miteinander von Nähe und Distanz bekommt. Viele glauben, dass ihr ständiges Streiten eher ein Ausdruck der Distanz sei, doch ist es gerade umgekehrt, es ist ein Klammern an den Anderen. Man sollte sich Freiraum gönnen, Abstand und sei es nur wenn man sich mal eine Auszeit nimmt um sich wieder annähern zu können, doch viele denken sie verlieren dabei den Anderen und bekommen Angst und klammern noch mehr. Doch nur wenn sie sich die eigenen Grenzen sichern, werden sie auf Dauer glücklich werden.

 

Grenze im Umgang mit Anderen

 

Die Grenze war dem Menschen immer heilig, die Grenze trennt und schützt, sie ermöglicht etwas friedliches, im Umgang miteinander. Das gilt nicht nur für die Landesgrenze, sondern auch zur Abgrenzung der Felder und des Besitzes zum Nachbarn. Diese Grenzen schützen den Menschen und geben ihm auch in rechtlicher Sicht seinen Raum, dieses Recht schützt seine Grenze und damit auch den Menschen. Die Einhaltung der äusseren Grenze ist auch für die menschliche Seele sehr wichtig, damit der Mensch nicht innerlich zerfliesst, sondern seine Identität bewahren kann. Also schützt uns die Grenze, die äussere Grenze unseres Besitzes ist gleichzeitig der Schutz unseres inneren Seelenraums. Die Grenze ist das Grundprinzip des Lebens, sie ermöglicht Abgrenzung zur Umgebung, aber auch Austausch. Es entsteht ein Raum mit dem Eigenem, das sich von dem der Umgebung unterscheidet. Die Grenze ist auch ein Grundprinzip der seelischen Struktur, sie schafft ein inneren Raum, dersich von der Umgebung unterscheiden kann, das ist Voraussetzung für die individuelle Identität, die anders sein kann als die Umgebung.

 

Grenze als Schutz

 

Dem Schutz der Grenze dient das aggressive Potential, das wie ein unbewusster Schutzreflex dient. Es hält den Inneren Raum frei von Fremden, so dass sich das eigene Selbst entwickeln kann, di eigene Identität, eigener Wahrnehmung seiner Bedürfnisse, dem Zugang zu den eigenen Gefühle und Wünschen, dadurch wird Orientierung und Autonomie, Wachstum und Entwicklung möglich. Der Verlust der Grenze, durch Verletzungen, Gewalt oder Verlust, meist in der Kindheit, wird der Selbstschutzreflex in unterschiedlichen Ausmaß blockiert, meist ist die Folge ein innerliches Abgrenzungsverbot. Die Grenze darf oder kann nicht mehr geschützt werden, sie geht verloren und mit ihr der innere Raum bzw. er wird überflutet von Fremden. Damit geht die Verbindung zum eigenen Selbst verloren, die Identität, der Zugang zu den eigenen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen, damit auch die Orientierung und die Autonomie. Um wenigstens zu Überleben, bleibt den Betroffenen nur übrig, sich anzupassen, sich nach Fremden zu orientieren. Das eigene wird verdrängt, ja sogar als bedrohlich empfunden un abgespalten oder ausgegrenzt. Sie tendieren dazu, sich manipulieren zu lassen und manipulieren selbst, sich und die Anderen abhängig zu machen. Es erzeugt Stress, Verwirrung und Krankheit, es wird die ursprüngliche Ordnung auf den Kopf gestellt. Abgrenzung von sich selbst, statt Abgrenzung von fremden Einflüssen das gesunde Aggressionspotential kann sich nicht mehr entfalten und richtet sich gegen sich selbst. Depressionen, Psychosomatische Erkrankungen, Psychosen oder Selbstverletzungen sind die Folge. Nur durch das wieder, die Verbindung zu sich selbst hergestellt wird, die blockierte Abgrenzung aufgehoben wird, ist es möglich das sich die Symptome verabschieden können. Dann ist es wieder möglich, den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen ihren Raum zu geben, es setzt wieder die Kraft frei, Fröhlich und freie Lebendigkeit zu leben und Schwere, Lähmung und Handlungsunfähigkeit verlieren sich. Für das Geheimnis von Schönheit und Würde braucht es einen eigenen Raum, die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden, die Fähigkeit, das Fremde, als nicht zugehörig zu erkennen und auf einer gesunden Distanz zu halten – so lieb, wertvoll und schön es auch sein mag. So entsteht eine innere Grenze, etwas das uns umhüllt und schützt um eine gesunde Distanz zum anderen schafft, eine unsichtbare Schutzschicht. Sie ermöglicht uns, auch in Kontakt bei uns zu bleiben, zwischen eigenem und fremden Bedürfnissen und Wünschen zu unterscheiden, zu wissen was wir wollen und es auch tun, zu spüren, was uns verletzt und uns wirksam zu schützen. Sie ermöglicht gleichzeitig den anderen und uns selbst zu achten, das bewahrt uns davor, uns dem anderen zu sehr anzupassen, uns ihm ähnlich machen zu wollen, uns von jemand anderen abhängig zu machen, als seien wir ohne ihn nicht lebensfähig und er ohne uns nicht. Es ermöglicht uns, beim Anderen das Fremde wahrzunehmen und gleichzeitig uns selbst dabei zu spüren. Eine Ich-Du- Begegnung wird möglich, eine echte Beziehung kann entstehen, in der beide sich verändern und wachsen dürfen. Diese unsichtbare Schutzschicht ist Voraussetzung für diese Selbstbestimmung.

Aufstellungsarbeit und Grenze

 

Eine gute Übung, die eigene Grenze und des Anderen wahrzunehmen bietet sich in der Aufstellungsarbeit z.b.es stellen sich zwei Personen im Raum weit entfernt voneinander auf. Einer bleibt stehen, der andere geht langsam auf ihn zu. Wer stehen bleibt sagt Stopp, wenn er spürt, das eine grössere Nähe seine Grenzen überschreiten würde. Jeder reagiert in dieser Situation unterschiedlich, was für den einen gerade angenehm ist, ist für den anderen schon unangenehm. Jeder hat ein Gespür für seine eigene Grenze und viel haben auch ein körperliches Gefühl wo ihre Grenze liegt. Wichtig ist das wir lernen zu unserer Grenze zu stehen und sie dem anderen auch signalisieren, denn der andere kann es von sich aus nicht wissen. Wir müssen es aussprechen oder durch unser Verhalten klar machen wo unsere Grenze liegt. Jeder ist daher für seine eigene Grenze verantwortlich. Wer in seiner eigenen Mitte ist, ist gegen Verletzungen seiner Grenzen am besten geschützt. Wut oder Zorn ist die Kraft, mich vom anderen zu distanzieren, eine klare Grenze zu ziehen mit den Worten: „Du bist du und hier bin ich“, du darfst so sein wie du bist und ich darf zu dem stehen, was ich denke. „Ich lasse deines ganz bei dir und lasse mich nicht davon bestimmen“. Man gibt dem Gegenüber damit keine Macht, man lässt nicht zu, das die Grenze überschritten wird, man handelt aus seiner eigenen Mitte heraus und schützt sich dadurch vor den Übergriffen anderer.Oft lassen wir uns von den Erwartungen und Urteilen der Anderen bestimmen. Sobald der Meinungsdruck von aussen zu gross wird, tendieren wir unser eigenes Gebiet zu verlassen, aus Rücksicht darauf passen wir uns an, damit aber verlieren wir unsere eigene Kontur, wir verschwimmen, wir passen uns an und verlieren zugleich unsere Selbstachtung. Wenn wir uns zu oft anpassen, geht das Gespür dafür verloren, was wir selber wollen, wir lassen uns von aussen vorschreiben, wie wir uns fühlen, wie wir handeln sollen, und entfernen uns immer mehr von uns selbst. Wir öffnen unsere Grenzen und unser Seelenraum ist überflutet von fremden Gedanken und Erwartungen. Vielen bleibt dann nur mehr die Flucht oder die Abwehr als Vorwurf und Aggression, was andere oftmals nicht verstehen können.

Auswirkungen der Grenzenlosigkeit

Wer sich nicht einschränken kann, geht an seiner Maßlosigkeit zugrunde. Die Fähigkeit Nein zu sagen nimmt heute immer mehr ab, wir werden verführt, alles zu wollen, noch schöner zu sein, noch jünger auszusehen, noch schlanker erscheinen zu müssen, die Menschen stehen permanent unter enormen Druck, der sie nicht mehr zum Nachdenken bringt und die Folgen sind fatal. Das in der heutigen Zeit das gesunde Gespür für die eigenen Grenzen verloren gegangen sind, finden wir nicht nur bei kranken Menschen, sondern ein Gesellschaftliches Problem da stellt zeigt sich in den vielen Talkshows im Fernsehen, in denen Menschen vor einem Millionenpublikum ihr innerstes zur Schau stellen. Intimität wird öffentlich vorgeführt, in immer wieder neuen Folgen, wie nach einem suchtähnlichen Wiederholungsmuster. Privates wird öffentlich gemacht und die Genzen zwischen Öffentlichen und Privaten werden aufgehoben, die Zuschauer werden zu lustvollen Voyeuren, die ihre Sucht nach immer neuen Intimitäten fremder Menschen befriedigen müssen. Solche Grenzenlosigkeit tut niemanden wirklich gut und doch ist sie ein Zeichen unserer Zeit.

 

 

 

 

Was meine Grenze ist, erfahre ich erst, wenn ich einmal über die Grenze hinausgegangen bin. Wer nie den Mut hat, seine eigene Grenze zu überschreiten, dessen Leben verkümmert. Viele ziehen sich zurück, weil sie Angst haben, in einer grenzenlosen Gesellschaft, selbst grenzenlos zu werden. Diese Angst ist berechtigt, doch wer sich von dieser Angst bestimmen lässt, dessen Leben wird eng, es fehlt ihnen die Herausforderung und sie werden träge. Sie beklagen sich lieber über ihr ungelebtes Leben, anstatt den Mut aufzubringen, auszubrechen und Neues zu wagen. Die Freiheit erfährt der Mensch nur, wenn er seine eigenen Grenzen überschreitet, aber auch um seine innere und äussere Grenze zu finden.

Grenze als Ziel

Die Fähigkeit sich selbst und anderen Grenzen zu setzen, ist kein Lernprogramm. Es ist ein Weg zum Ziel, wo auch Umwege, Sackgassen erlaubt und menschlich sind. Es ist eine Wanderung zwischen Erfolg und Misslingen, zwischen Mut und Entmutigung, zwischen Selbstzweifel und Hoffnung und doch entlastet es mehr, als es belastet. Grenzen machen den Unterschied zwischen Du und Ich, Nähe und Distanz, Vertrautem und nicht vertrautem, zwischen Fremden und Bekannten, zwischen Können und Noch nicht Können. Grenzen zu setzen ist ein lebenslanger Prozess wo auch Fehler erlaubt sind, wer ohne Fehler erziehen möchte macht unweigerlich welche. Sich Fehler einzugestehen entlastet, nimmt den Druck perfekt sein zu müssen und macht uns menschlicher. Niederlagen zu vermeiden, immer alles richtig, bloss keine Fehler machen, führt zu Kälte in Beziehungen. Wo Reibung ist , da ist auch Wärme, wo keine Reibung ist, da ist Kälte. Obgleich es vielen Menschen materiell gut geht sind körperliche und seelische Beeinträchtigungen unverkennbar. Grenzen die im Hier und jetzt gezogen werden, müssen keine für alle Zeit gültigen, unverrückbaren Markierungen sein.

Schlusswort

Wie man erkennen kann, betrifft dieses Thema fast alle Bereiche menschlichen Zusammen seins, die des Berufes, wie Beziehungen, Süchte und Krankheiten, Kindererziehung, Freundschaften, Sport und das Ende des Leben. Die gesunde Grenze zu finden ist nicht immer einfach, es ist die Gradwanderung zwischen loslassen und festhalten, zwischen Nähe und Distanz. Aber auch wie ich damit umgehe, nicht zum Egoisten zu werden, das richtige Maß zu finden zwischen dem Geben und dem Nehmen. Einer derimmer nur gibt, verliert einfach nach kurzer Zeit die Lust daran, immer nur anderen ihre Bedürfnisse zu erfüllen und wird dann zum Egoisten und lässt den anderen dann stehen. Das gilt auch für Beziehungen, wer sich selbst aufgibt wird uninteressant für seinen Partner, es ist dann nur mehr eine Frage der Zeit, das sich einer von beiden löst und sich einen neuen Partner sucht. Auch die Sexualität ist davon betroffen, sie verliert an Reiz und wird zur Langeweile, wo dann nur mehr der Ausweg bleibt, seine Sexualität durch aussereheliche Liebschaften zu holen. Es ist immer eine Grenzverletzung dahinter versteckt, die wir nicht wahrnehmen können, weil wir viel zu oberflächlich denken und die Schuld fast ausschliesslich bei dem Anderen suchen, anstatt sich Gedanken zu machen über die wirklichen Hintergründe. Ich sehe meine Aufgabe als Coach darin, solchen Menschen ihre eigenen Grenzen und ihrem Gegenüber sichtbar zu machen, sie dahin zu führen, ihren Seelenraum wieder in Besitz zu nehmen und den Anderen auch ihren zu lassen. Sich schützen zu lernen vor den Fremdeinflüssen und gleichzeitig wieder Nähe zuzulassen, seine Grenzen zu kennen und die des Andern zu respektieren, um ein glückliches Leben führen zu können, damit Beziehung und Beruf gelingen können und das auch ihre Kinder lernen, sich Autonom entwickeln zu dürfen und nicht als Erfüllungsgehilfe der Eltern dienen. In all diesen Bereichen geht es darum, Grenzen zu setzen und Grenzen zu achten und wer nicht nein sagen kann, wird krank, wer immer allen Erwartungen nachkommen will, wird seine Grenze bald schmerzhaft spüren. Doch wer seine eigene Mitte hat, kann über seine Grenzen hinauswachsen.

 

Es grüsst euch herzlich Brigitte